Sie haben einen Altbau erworben. Ungedämmt. Eine Energieschleuder. Ein Heizkostenungetüm.
Ist das wirklich so? Und ist die nachträgliche Wärmedämmung notwendig und sinnvoll? Spart Wärmedämmung wirklich Kosten?
Keine Innendämmung!
Zunächst einmal sollten Sie froh sein, wenn Ihr Altbau nicht doch in der Vergangenheit gedämmt wurde. Oft wurde nämlich früher innen gedämmt. Das hat gravierende Folgen: Zum einen verhindert die Innendämmung keine Wärmebrücken, also den unkontrollierten Abfluss von Wärme. Zum anderen besteht die Gefahr, dass die Feuchtigkeit, die sich ganz normal in jedem Haus entwickelt (zum Beispiel durch Schwitzen oder Kochen), innen im Haus bleibt. Feuchtigkeit kann dann sogar innerhalb der Wand oder Mauer kondensieren. Schimmel und schwere Bauschäden sind die Folge.
Eine Innendämmung bei Altbauten ist oft nicht erkennbar, nicht einmal für den Gutachter. In den 1960er und 1970er Jahren wurden zur Wärmedämmung nämlich oft auf die Wände dünne, mit Alufolie beschichtete Styroporplatten geklebt. Darüber kamen Tapeten, im Laufe der Jahre mehrere Lagen. Diese Form der Innendämmung bemerken Sie daher erst beim restlosen Entfernen der Tapeten – das heißt: zu spät, nach dem Hauskauf. Keine Panik – es muss dann nicht zwingend Schimmel oder sonstige Feuchtigkeitsschäden geben. Aber es ist eben möglich und sogar wahrscheinlich. Sollten Sie auf eine solche Innendämmung stoßen: Die Styroporschicht muss entfernt werden.
WDVS – was ist das?
WDVS ist die Abkürzung für das sogenannte Wärmedämmverbund-System, manchmal auch als Verbund-Fassade, WDV-System oder auch WVS bezeichnet. Das ist heute der Standard der Wärmedämmung: die Fassadendämmung. Manchmal spricht man dann auch von Wärmedämmverbundfassade, von Thermohaut oder Vollwärmeschutz.
Verbund-Fassade: So wird gedämmt
Die drei Schichten des Wärmedämmverbund-Systems sind:
- Dämmschicht: Hartschaum- oder Styropor-Platten bilden die untere Schicht und werden auf die Außenwände geklebt sowie noch zusätzlich mit Plastikdübeln befestigt. Sie sind der eigentliche Dämmstoff. Alles andere dient dem Schutz dieser Schicht oder der Optik.
- Armierungsschicht: Auf die Dämmschicht wird Unterputz mit Armierungsgewebe aufgebracht.
- Außenputz-Schicht: Der Oberputz ist die obere Schicht, der die Wärmedämmung an der Fassade nach außen schützt.
Styroporplatten – wie dick?
Die Dämmschicht beziehungsweise die Styroporplatten sind heute oft 14 Zentimeter dick. Je dicker, desto besser ist aber einer der vielen Trugschlüsse der Wärmedämmung. Die Stärke der Dämmschicht muss sich nach der Außenmauer, dem Untergrund, richten. Die Mauern können aus Gasbetonsteinen, Ziegelmauerwerk und so weiter sein – und danach muss sich auch die Wärmedämmung richten. Wie diese genau auszusehen hat für eine maximale und sichere Dämmung, ermitteln Fachberater in der sogenannten Wärmedämmberechnung.
Hinzu kommt, dass Dämmplatten nach Wärmeleitgruppen (kurz: WLG) bewertet werden, zum Beispiel WLG 040. Je höher die WLG-Einstufung, desto schlechter dämmt die jeweilige Platte. Eine 12 Zentimeter dicke Platte mit WLG 035 dämmt also besser als die gleich dicke Platte der WLG 040.
Lohnt sich Wärmedämmung?
Eine solche Dämmung ist jedenfalls teuer. Zudem können die Angebote weit auseinanderliegen: Die Quadratmeter-Preise bewegen sich zwischen 150 und 250 Euro. Als Beispiel ein kleiner Bad-Anbau mit einer Außenwandfläche von etwa 120 Quadratmetern: Die Angebote der Fachfirmen liegen zwischen 18.000 und 30.000 Euro.
Die Frage ist also: Wie viel Heizkosten spare ich durch die Dämmung? Spare ich in einem angemessenen Zeitraum mehr, als die Kosten für das WDVS betragen? Im Beispiel betragen die Heizkosten für den ungedämmten Anbau etwa 180 Euro im Jahr. Mehr als 30 Prozent davon wird die Wärmedämmung nicht einsparen. Jeder kann sich damit ausrechnen, dass sich in diesem Fall die Installation eines Wärmeverbundsystems nicht wirklich rentiert (zumindest nicht in den nächsten 400 Jahren). Auch nicht mit staatlicher Förderung.
Nachteile der Styropor-Dämmung
Es gibt außerdem einige Nachteile der Dämmung mit Styropor:
- Styropor ist außerordentlich gut brennbar.
- Die Dämmplatten werden mit starken Chemikalien getränkt, um Algen zu verhindern.
- Nachträglich gedämmte Altbau-Fassaden halten die Wärme innen im Haus und lassen Wärme und Feuchtigkeit nur schlecht nach draußen. Das ist zwar Sinn der Wärmedämmung, hat aber – wenn auch nicht so stark wie bei der Innendämmung – die Folge, dass das Kondenswasser im Haus den idealen Nährboden für Pilze, Bakterien und Algen abgibt. Oft bildet sich Schimmel, weil die Wände nicht mehr so gut atmen.
- Styropor hält nicht ewig – die ersten Fassadendämmungen fangen nach 20 Jahren an zu bröckeln.
- Wenn die Fassadendämmung bröckelt und abgerissen wird, müssen Styropor-Platten entsorgt werden, die mit Giften gegen Schimmel und Algen getränkt sind, die inzwischen verboten sind. Die giftigen Biozide (Anti-Schimmel- und Anti-Algen-Chemikalien) sind wasserlöslich, können langsam vom Regen ausgewaschen werden und in Flüsse und Seen fließen.
- Optisch machen nachträglich gedämmte Häuser ebenfalls nicht sonderlich viel her. Aus den Fenstern werden düstere Löcher, regelrechte Schießscharten. In die Zimmer kommt weniger Licht.
Probleme mit mangelhafter Dämmung
Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass beim Wärmedämmverbund-System exaktes Arbeiten ein absolutes Muss ist, denn jeder Spalt oder jede Ungenauigkeoit beim Verkleben von Dämmplatten und Armierungsplatten kann zu Rissen in der Dämmung und damit Eindringen von Feuchtigkeit führen, so dass es hinter dem Dämmsystem, am Mauerwerk, feucht und schimmelig wird. Solcherart Pfusch und ungenaues Arbeiten erhöhen auch das Brandrisiko.
Problematisch sind in dieser Beziehung immer sogenannte Fassadenbrüche und Dämmplattenübergänge: Ecken und Kanten an Türen, Fenstern, Fensterbänken. Fugen und Anschlüsse müssen mit Fugendichtband, Gewebestreifen, Schienen, Eckwinkeln und spezieller Armierung überbrückt und abgedichtet werden.
Tipps zur Wärmedämmung
- Bevor Sie ein so großes Projekt wie die nachträgliche Wärmedämmung angehen, sollten Sie einen Energieberater hinzuziehen. Er gibt Tipps, Hinweise und Empfehlungen zur Dämmung und Dämmstärke – und vor allem, ob eine Fassadendämmung bei Ihnen überhaupt Sinn macht.
- Ist die Fassade überhaupt das größte Problem? Meist gehen über Dach und über Fenster mehr Wärme als über die Außenhaut, die Fassade, verloren. Vielleicht macht die Erneuerung der Fenster oder eine bessere Dämmung des Daches mehr Sinn als eine Fassadendämmung mit WDVS.
- Wieviel Energie und Heizkosten sparen Sie eigentlich durch die Fassadendämmung? Wann haben Sie die Dämmkosten über die geringeren Heizkosten kompensiert? Sparen Sie eventuell mehr, wenn Sie nicht dämmen?
Fazit: Lohnt sich Wärmedämmung?
An Neubauten macht Wärmedämmung sicherlich Sinn, allerdings auch dort am besten nicht als Außendämmung, sondern angebracht in der Außenmauer, im Hohlraum zwischen der äußeren Mauer und der inneren Wand. Und selbst Passivhäuser haben oft aufgrund der starken Dämmung Probleme mit Feuchtigkeit.
Beim Altbau müssen Vorteile und Nachteile der nachträglichen Fassaden-Wärmedämmung sorgfältig abgewogen werden.
Übrigens wird nicht überall auf der Welt wie in Deutschland gebaut und gedämmt. In den Niederlanden oder Großbritannien – mit dem gleichen Klima wie in Deutschland – sind die Mauern der Altbauten oft nicht mehr als fünfzehn Zentimeter dick.