Das eigene Haus. Und kaum erschwingliche Immobilien auf dem Markt. Bieten Zwangsversteigerungen hier einen Ausweg?
Der Kauf eines Hauses oder einer Wohnung über die Zwangsversteigerung ist tatsächlich auch in diesen Zeiten eine Option, allerdings ist sie nicht ganz unproblematisch. Am Ende dieses Beitrags wissen Sie aber, ob und wie Sie das am besten angehen.
Mit einer Zwangsversteigerung können Sie tatsächlich günstig Immobilien kaufen, normalerweise günstiger als auf dem freien Markt. Aber Schnäppchen werden Sie derzeit dort nicht machen. Was in der Zwangsversteigerung billig ist, ist im Augenblick dort auch mit Recht billig.
Was ist eine Zwangsversteigerung?
Normalerweise ist die Immobilien-Zwangsversteigerung die Folge von Überschuldung: Der Eigentümer eines Hauses bezahlt Schulden, Darlehenszinsen und Tilgungsraten, sowie fällige Rechnungen nicht. Eine unbezahlte Rechnung führt aber nicht gleich zur Zwangsversteigerung. Die unbezahlten Schulden dürfen nicht einen geringeren Wert haben als die Immobilie.
Wer setzt die Zwangsversteigerung in Gang?
Grundsätzlich ist die Zwangsversteigerung nichts anderes als eine Zwangsvollstreckung. Voraussetzung sind daher Vollstreckungsurteil oder Vollstreckungsbescheid durch das Amtsgericht. Treibende Kraft ist meist die Bank, bei der sich die Schulden angehäuft haben und über die die Baufinanzierung läuft.
Der Weg zur Zwangsversteigerung
Mit dem Vollstreckungstitel hat der Gläubiger das Recht über den Verkauf der Immobilie die Schulden zu begleichen. Das bedeutet, dass das Haus zunächst am freien Markt, über eigene Mitarbeiter oder beauftragte Makler, angeboten wird. Erst wenn der Verkauf so nicht zustande kommt, wird der Gläubiger, also im Regelfall die Bank, die Zwangsversteigerung beantragen, denn das Zwangsversteigerungsverfahren ist aufwendig, zieht sich meist Jahre hin und ist entsprechend teuer.
Was ist das Verkehrswert-Gutachten?
Vor der Zwangsversteigerung muss der Immobilienwert ermittelt werden, denn an ihm orientiert sich die Versteigerung. Genau dies geschieht im Verkehrswert-Gutachten. Ausführlich wird dort Lage, Art, Alter, Bau, Ausstattung und Zustand der Immobilie beschrieben und schließlich daraus ihr Wert errechnet.
Oft wird dies mit Fotos und Lageplänen dokumentiert und veranschaulicht. Das Verkehrsgutachten, das oft mehr als 100 Seiten umfasst, liefert also sehr wichtige Informationen. Allerdings: Der Gutachter, ein Sachverständiger, zum Beispiel ein Bauingenieur oder Architekt, war zwar im Regelfall vor Ort und hat sich das Objekt angeschaut, aber diese Besichtigung kann sehr unterschiedlich ausfallen.
Wieviel ist das Gutachten wert?
Mancher Gutachter steigt aus dem Auto und macht drei Fotos, ein anderer besichtigt das Haus auch von innen, und dies vom Dach bis zum Keller, und spricht mit den Bewohnern. Nicht immer wird es aber im Gutachten auch deutlich ausgesprochen und bei der Bewertung berücksichtigt, wenn die Besichtigung eher oberflächlich war.
Trotzdem erhalten Sie durch das Gutachten unschätzbare und neutrale Informationen zur Immobilie, mehr und aussagekräftigere Informationen, als Sie sie normalerweise vor dem Kauf eines Hauses bekommen. Wenn Sie für den Kauf des Hauses ein Darlehen aufnehmen möchten, erspart das offizielle Verkehrswert-Gutachten zur Zwangsversteigerung Ihnen und Ihrer Bank viel Arbeit und Diskussionen. Die Bank wird den Aussagen und der Wertermittlung des Gutachtens vertrauen. Die Verhandlungen zum Darlehen gestalten sich so viel einfacher. Auch die Kosten für den eigenen Gutachter spart es Ihnen.
Warum ist der Verkehrswert so wichtig?
Der Verkehrswert des Hauses ist der Wert oder Preis, den das Haus nach begründeter Ansicht des Gutachters erzielen muss. Dieser Verkehrswert ist aus mehrfacher Hinsicht wichtig:
- Wenn der Verkehrswert realistisch ist, wird es erst gar nicht zur Immobilien-Zwangsversteigerung kommen. Denn dann entspricht der Verkehrswert dem tatsächlichen Marktwert und das Haus wird ganz einfach schon vorher verkauft. Das passiert natürlich auch, wenn der Verkehrswert niedriger ist als der Verkaufspreis, den das Haus auf dem Immobilienmarkt erzielen kann.
- Ist der Verkehrswert höher als der Marktpreis, wird dem Gläubiger nichts anderes übrig bleiben, als das Haus zwangsversteigern zu lassen.
- Günstig ist die Immobilie aber nur dann, wenn sie in der Versteigerung deutlich weniger kostet, als es der Verkehrswert angibt.
- Wenn es sich nicht gerade um Ihr Traumtraum-Haus handelt, sollten Sie das Haus nicht über dem Verkehrswert ersteigern.
- Der Verkehrswert ist zudem Grundlage für die Versteigerung: Beim ersten Versteigerungstermin darf nur ein Gebot den Zuschlag erhalten, das mehr als 50 Prozent des Verkehrswerts beträgt.
Ein Beispiel: Der Verkehrswert des Gutachtens beträgt 100.000 Euro. Ein Gebot von 50.000 Euro wird beim ersten Termin keinen Zuschlag erhalten, eines von 70.000 nur dann, wenn der Gläubiger zustimmt. Sind Sie beim zweiten Termin der Meistbietende mit 40.000 Euro, erhalten Sie den Zuschlag.
Welche Probleme gibt es bei der Immobilien-Zwangsversteigerung?
Die Immobilien-Zwangsversteigerung ist gerade durch das Gutachten und durch das klare Kaufverfahren transparenter als ein Hauskauf auf dem freien Markt. Allerdings gibt es zwei Faktoren, die viele trotzdem davor zurückschrecken lassen:
Sie haben die Immobilie erst gekauft, wenn Sie den Zuschlag erhalten haben. Auch beim normalen Hauskauf ist der Kauf erst unter Dach und Fach, wenn der Kaufvertrag beim Notar unterschrieben und die Immobilie übergeben wurde. Aber Rücktritte von den Verkaufszusagen sind selten. Bei der Zwangsversteigerung können Sie aber immer Interessenten und Mitbieter haben, die mehr als Sie selbst zu zahlen bereit sind. Und anders als beim gewöhnlichen Kauf müssen Sie vor dem Zwangsversteigerungstermin bereits zehn Prozent des Verkehrswertes an das Amtsgericht überweisen. Sie müssen also zehn Prozent des Geldes bereits flüssig zur Verfügung haben. Auch wenn Sie dann das Haus gar nicht ersteigern.
Zwangsversteigerungshäuser sind Problemhäuser?
Nicht alle Zwangsversteigerungshäuser sind Problemhäuser. Aber viele. Mangelndes Geld, schlechtes Wirtschaften und Verwalten eines Hauses führt nicht nur zur Überschuldung und Zwangsversteigerung, sondern zu einem schlechten Immobilien-Zustand: Abgeklemmte Stromzähler, sich selbst überlassene Mieter, Sanierungsstau bis hin zu langsam vor sich hingammelnden Immobilien sind oft die Folge.
Zwangsversteigerung Schritt für Schritt
Aber so führt die Zwangsversteigerung Sie in Ihr Haus:
1. Angebote finden: Im sehr übersichtlichen Zwangsversteigerungsportal (ZVG-Portal) der Amtsgerichte können Sie filtern nach Termin, Preis, Typ, Stadt. Dort finden Sie Kurzbeschreibung und Gutachten zum Download. Versuchen Sie Unverständliches oder Merkwürdiges im Gutachten zu klären, mit Freunden, Experten, Gläubiger, Bank oder vor Ort.
2. Besichtigung vor Ort: Ein Besuch am und im Haus kann gar nicht lang und gründlich genug sein. Wie beim gewöhnlichen Hauskauf sollten Sie hier nicht ängstlich sein! Hauskauf ist kein Kleidungskauf – hier geht es um Entscheidungen und Geldsummen, die Sie über Jahrzehnte binden werden. Nur vor Ort erhalten Sie die Informationen, die Sie für diese Entscheidung benötigen. Stimmt das Gutachten bezüglich des Zustands des Hauses? Welche Reparaturen sind nötig? Ist die Lage wirklich so ruhig wie gewünscht? Wie ist das Umfeld? Welche Nachbarn werden Sie haben? Gibt es Bewohner, die Sie als Vermieter übernehmen werden? Sprechen Sie mit den Bewohnern im und um das Haus herum.
3. Gläubiger ansprechen: Die Bank, die auf dem Darlehen und damit dem Haus sitzen bleibt, möchte vor allem zwei Dinge: das Geld, was geschuldet wird, und möglichst wenig Arbeit und Kosten. Also möchte sie sich durchaus mit Ihnen als Käufer auf den Verkauf im Vorfeld einigen. Sie finden die Kontaktdaten und Ansprechpartner oft direkt im ZVG-Portal.
4. Finanzen klären: Für das Darlehen steht Ihnen mit dem Verkehrswert-Gutachten eine gute Voraussetzung für erfolgreiche Finanzierungs-Verhandlungen mit der Bank zur Verfügung.
5. Sicherheitsleistung: Zehn Tage vor dem Versteigerungstermin überweisen Sie zehn Prozent des Verkehrswertes an die Gerichtskasse.
6. Haus in der Zwangsversteigerung erwerben
- Testweise im Vorfeld an Zwangsversteigerungen teilnehmen, um mit dem Verfahren und der Gerichtssprache vertraut zu werden.
- Höchstgrenze für das eigene Gebot festlegen – diese sollte den Verkehrswert nicht übersteigen.
- An der eigenen „Schmerzgrenze“ festhalten und nicht zu überhöhten Geboten hinreißen lassen.